Viele Luftballons beim Sommerkinderfest am Holzhausenschlösschen
Kinderfest

Salon kontrovers: Briefe – schreiben und lesen

100. GEBURTSTAG SIEGFRIED UNSELD // Aus dem Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Wolfgang Koeppen
  • Montag, 7. Oktober 2024 – 19.30 Uhr

Holzhausenschlösschen
Justinianstraße 5
60322 Frankfurt am Main

Siegfried Unseld und Wolfgang Koeppen © Christian Höhn (Unseld), Fotograf unbekannt (Koeppen); mit frdl. Genehmigung des Suhrkamp Verlags

Eintritt € 14,- (Parkett, Reihe 1-5) / € 10,- (Parkett, Reihe 6 und Fensterbänke) / € 5,- (Empore, eingeschränkte Sicht)

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Darüber hinaus werden wir über die Mediathek unserer Website am Veranstaltungstag kostenfrei einen Livestream der Veranstaltung anbieten.

Gelesen von Stephan Wolf-Schönburg und Hanns Zischler
Konzeption und Einführung: Ruthard Stäblein

Zur Veranstaltung


„Den schönen Herbst Deiner Briefe wieder verspielt!“ – klagt der Autor Wolfgang Koeppen sich in einem Brief an seinen Verleger Siegfried Unseld vom Oktober 1979 selbst an. Seit 20 Jahren hofft Unseld auf einen von Koeppen immer wieder versprochenen neuen Roman. Und er wird noch weitere 17 Jahre – bis zum Tod des Autors – vergeblich warten.

Statt des Romans entsteht unterdessen ein Briefwechsel, der die Form einer menschlichen und literarischen Tragikomödie annimmt. Der Verleger ermuntert. Der Autor vertröstet. Der Verleger baut auf. Der Autor baut ab. Irgendwann müssen die beiden gespürt haben, dass sie voreinander Theater spielen. Koeppen hat stets Pläne und Titel im Kopf. „Rundum. Eine Weltreise“ will er per Flug vorbereiten. Unseld vergibt einen Vorschuss. Der Roman erscheint nie. So geht das hin und her zwischen Ermahnung und Vertröstung, Erwartung und Enttäuschung. Koeppen zweifelt selbst an seinen Ideen und verzweifelt vor dem leeren Blatt. Und er hat viele Ausreden parat. Die Gewichtigste ist seine alkoholkranke Frau, um die er sich sorgt.

Dennoch erhält der Verleger einen Trost und seinen Gewinn, die Rechte an Koeppens früheren, erfolgreichen Romane und am Gesamtwerk. Aber ist am Ende nicht der Briefwechsel selbst ein Roman in Fortsetzung, in Dialogen, bis der Tod sie scheidet? – Ein literarisches Blend- und Meisterwerk, Verwirr- und Versteckspiel; das Zeugnis eines Verlegers, der nicht aufgibt, obgleich er keine Chance mehr sieht, eine Komödie vor tragischem Hintergrund.

Ruthard Stäblein

Die Mitwirkenden


Stephan Wolf-Schönburg ist als Diplomatensohn in Bonn, Washington D.C. und Kairo aufgewachsen. Nach Abschluss seiner Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien arbeitete er u.a. an Taboris Theater sowie am Volkstheater; Anfang der 1990er-Jahre ging er nach Berlin. Seine Theaterarbeit führte ihn an die dortige Schaubühne sowie zu den Salzburger Festspielen, ans Zürcher Schauspielhaus, Staatstheater Braunschweig, Maxim Gorki Theater und an die Neuköllner Oper, wobei er mit Tatjana Rese, Luca Ronconi, Andrzej Wajda, Jürgen Zielinski, Karin Koller und Andreas Gergen arbeitete. Bei Film und Fernsehen traf er auf Regisseurinnen und Regisseuere wie Jean-Marie Straub und Danièle Huillet, Armin Mueller-Stahl, H-C Blumenberg, Vivian Naefe, Paul Greengrass oder Bille Eltringham. Der Künstler ist selbst als Regisseur und Autor tätig (u.a. Theater der jungen Welt in Leipzig, Landestheater Detmold). Als Sprecher hörte man ihn u.a. im rbb (Ohrenbär), in Arte und in 3sat. Stephan Wolf-Schönburg war Gastdozent an der Universität Leipzig und unterrichtete Schauspielstudenten des Freedom Theatre in Jenin/Palästina. 2011 hat er eine Ausbildung zum Friedens- und Konfliktberater an der Akademie für Konflikttransformation des Forums Ziviler Friedensdienst abgeschlossen. Seit 2001 übt er auch ehrenamtliche oder projektbezogene Tätigkeiten für medico international aus.

Stephan Wolf-Schönburg © Maike Ammann

Hanns Zischler ist Schauspieler, Schriftsteller und Fotograf. Seine jüngsten Filme sind „Die Theorie von allem“ (2023) und „Cranko“ (2024); 2020 erschien sein Roman „Der zerrissene Brief“ und 2023 „Short Messages - Die Fliesen der Sacrower Heilandskirche“. Er lebt in Berlin.

Hanns Zischler © Ulrich Weichert

Ruthard Stäblein, geboren in Mellrichstadt. Studium der Romanistik, Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Berlin, Tübingen, Toulouse und an der Sorbonne in Paris. Danach als Assistent, Lektor und Dozent in Paris und Nancy: Mitglied in der Forschungsgruppe „Culture de Weimar“ an der Pariser „Maison des Sciences de l'Homme“. Publikationen zur Wiener Moderne und zur „Dekadenz“ in verschiedenen Sammelbänden. Herausgeber von „Identitätskrise und Surrogatidentitäten. Zur Wiederkehr einer romantischen Konstellation“ (Campus-Verlag) sowie einer Reihe über Moral seit 1992 in fünf Bänden, erschienen bei Fischer und Insel. Seit 1988 Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks, Redakteur für Literatur. Dramaturgische Einrichtung von Hörbüchern wie „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil; „Atemschaukel“ von Herta Müller; Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Thomas Bernhard; „Schopenhauer in 100 Minuten“; „Autobiographische Schriften“ von Thomas Bernhard; „Freiheit“ von Jonathan Franzen; „Der Traum des Kelten“ von Mario Vargas Llosa; „Die sterblich Verliebten“ von Javier Marias, „Nietzsche in 100 Minuten“ u.v.a.

Gesamtleitung: Frankfurter Bürgerstiftung
Förderer: Dr. Marschner Stiftung

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