4 to the Bar
4 to the bar und Clemens Greve © Lorenz Gempper

Salon kontrovers: Briefe – schreiben und lesen

100. GEBURTSTAG SIEGFRIED UNSELD // Unveröffentlichte Briefe von und an Siegfried Unseld
  • Montag, 18. November 2024 – 19.30 Uhr

Holzhausenschlösschen
Justinianstraße 5
60322 Frankfurt am Main

Siegfried Unseld mit Ingeborg Bachmann © Suhrkamp Verlag

Eintritt € 14,- (Parkett, Reihe 1-5) / € 10,- (Parkett, Reihe 6 und Fensterbänke) / € 5,- (Empore, eingeschränkte Sicht)

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Darüber hinaus werden wir über die Mediathek unserer Website am Veranstaltungstag kostenfrei einen Livestream der Veranstaltung anbieten.

Gelesen von Stephan Wolf-Schönburg, Birgitta Assheuer und Felix von Manteuffel
Konzeption und Einführung: Ruthard Stäblein

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„Uns interessiert nicht nur das einzelne Manuskript, sondern der Autor selber, seine geistige und politische Physiognomie“

Das schreibt der Verleger Siegfried Unseld an seinen Autor Siegfried Kracauer in einem bislang unveröffentlichten Brief vom 3.12.1966, der im Literaturarchiv von Marbach liegt. Er wird zum 100. Geburtstag des Verlegers erstmals bei Suhrkamp veröffentlicht werden.

Auszüge aus diesem und weiteren Briefen von und an Unseld entbieten wir als Geburtstagsgrüße, mit denen wir an die Leistungen des Frankfurter Verlegers erinnern wollen. Unseld prägte in Frankfurt den Auftritt des Verlags als „Suhrkamp-Kultur“, wie es der Essayist George Steiner auf den Begriff brachte. Unseld selbst formulierte das Programm an Peter Huchel in einem bislang unveröffentlichten Brief vom 26.4.1971, in dem er dem Lyriker nach dem Verlassen der DDR anbot, seine Gedichte künftig bei Suhrkamp zu publizieren: „Es wird wichtig sein, daß dieses Werk auch in der Zukunft in einer lebendigen Umgebung steht … von Autoren, deren Arbeiten diskutiert werden und die Impulse für das zeitgenössische Bewußtsein auslösen.“

Als Siegfried Unseld 1952 bei Peter Suhrkamp anfing, zählte der Verlag 3 Mitarbeiter. 1956 wurde er persönlich haftender Geschäftsführer und nach dem Tod von Suhrkamp übernahm er 1959, bei einem Umsatz von 1 Million DM, die alleinige Verantwortung. Die wurde ihm 1968 beim sogenannten Lektorenaufstand strittig gemacht, aber er fand bei Autoren wie Ernst Bloch und Jürgen Habermas die Unterstützung und mit ihnen auch den wirtschaftlichen Erfolg. 1969 hatte sein Verlag, inklusive Insel, 87 Mitarbeiter, und 1987 überschritt er die 100 Millionen-Umsatzgrenze.

Unselds Erfolgsrezept lag im Umgang mit seinen Autoren. „Was du schreiben wirst, werde ich veröffentlichen“, schrieb er Martin Walser, nachdem der von Marcel Reich-Ranicki verrissen worden war. („Ein belangloser, ein schlechter, ein miserabler Roman. Es lohnt sich nicht, auch nur eine einzige Seite dieses Buches zu lesen.“) Unseld konnte Walser wieder anspornen, weiter zu schreiben. Wie er insgesamt die Fähigkeit besaß, seine Autorinnen und Autoren so direkt anzusprechen, als wäre er der Einzige, als wären sie die Einmaligen. Das ist an diesem Abend im „Salon kontrovers“ zu spüren, der den Abschluss der dreiteiligen Unseld-Reihe zu seinem 100. Geburtstag bildet.

Einige der gelesenen Briefe sind im Rahmen der Ausstellung „Siegfried Unseld, der Verleger - Ein Porträt in Briefen“ in Kooperation mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach im Foyer des Holzhausenschlösschens zu sehen.

Ruthard Stäblein

Mitwirkende


Stephan Wolf-Schönburg ist als Diplomatensohn in Bonn, Washington D.C. und Kairo aufgewachsen. Nach Abschluss seiner Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien arbeitete er u.a. an Taboris Theater sowie am Volkstheater; Anfang der 1990er-Jahre ging er nach Berlin. Seine Theaterarbeit führte ihn an die dortige Schaubühne sowie zu den Salzburger Festspielen, ans Zürcher Schauspielhaus, Staatstheater Braunschweig, Maxim Gorki Theater und an die Neuköllner Oper, wobei er mit Tatjana Rese, Luca Ronconi, Andrzej Wajda, Jürgen Zielinski, Karin Koller und Andreas Gergen arbeitete. Bei Film und Fernsehen traf er auf Regisseurinnen und Regisseuere wie Jean-Marie Straub und Danièle Huillet, Armin Mueller-Stahl, H-C Blumenberg, Vivian Naefe, Paul Greengrass oder Bille Eltringham. Der Künstler ist selbst als Regisseur und Autor tätig (u.a. Theater der jungen Welt in Leipzig, Landestheater Detmold). Als Sprecher hörte man ihn u.a. im rbb (Ohrenbär), in Arte und in 3sat. Stephan Wolf-Schönburg war Gastdozent an der Universität Leipzig und unterrichtete Schauspielstudenten des Freedom Theatre in Jenin/Palästina. 2011 hat er eine Ausbildung zum Friedens- und Konfliktberater an der Akademie für Konflikttransformation des Forums Ziviler Friedensdienst abgeschlossen. Seit 2001 übt er auch ehrenamtliche oder projektbezogene Tätigkeiten für medico international aus.

Stephan Wolf-Schönburg © Maike Ammann

Birgitta Assheuer war schon immer fasziniert von Musik und Wort. Nach dem Staatsexamen in Germanistik und Musik sowie einem Intermezzo als Buchhändlerin ließ sie sich zur Sprecherin beim Hessischen Rundfunk ausbilden. Seit gut 30 Jahren zieht sie ihre lyrischen und musikalischen Kreise als Rezitatorin und Sprecherin. Seit 2018 ist sie auch Lehrbeauftragte für Sprechtraining an der Johannes Gutenberg Universität Mainz.

Birgitta Assheuer © Alexander Paul Englert

Felix von Manteuffel ist im oberbayerischen Bayrischzell geboren, studierte Schauspiel an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule und trat schon währenddessen an den Münchner Kammerspielen auf. Nach einem Erstengagement am Stadttheater Ulm war er dort viele Jahre lang Ensemblemitglied. Anschließend gastierte er an vielen renommierten Bühnen, unter anderem am Schauspiel Köln, Deutschen Schauspielhaus Hamburg, Thalia Theater Hamburg, Residenztheater München, Wiener Burgtheater und Schauspielhaus Zürich; von 2004 bis 2013 war er fest am Schauspiel Frankfurt engagiert.

Felix von Manteuffel spielte viele große Rollen der Weltliteratur, von Graf Wetter vom Strahl in Kleists „Käthchen von Heilbronn“ bis hin zu Sternheims Der Snob, von Philipp dem Guten in Schillers „Jungfrau von Orleans“ bis zu Diderot in Éric-Emmanuel Schmitts „Freigeist“, um nur einige zu nennen. Er arbeitete mit den wichtigsten Theaterregisseuren Deutschlands wie Hans Schweikart, George Tabori, Hans Lietzau, Jürgen Flimm, Dieter Dorn, Roberto Ciulli, Thomas Langhoff und Andreas Kriegenburg. Zuletzt gab er am Renaissancetheater Berlin den König Lear im gleichnamigen Stück unter der Regie von Guntbert Warns und den Pfarrer in „Kalter weißer Mann“ – ebenfalls unter der Regie von Guntbert Warns.

In Film und Fernsehen war er in unzähligen Produktionen zu sehen und wurde unter anderem mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Mit seiner Frau Leslie Malton hat er verschiedene szenische Lesungen zu bekannten Künstlern der Geschichte aufgeführt wie zum Beispiel „Dein Hund - Dein Mönch“ aus dem Briefwechsel zwischen Olga Knipper und ihrem Gatten Anton Tschechow oder „Cantor und Clown“ aus dem Briefwechsel zwischen Fanny Hensel und ihrem Bruder Felix Mendelssohn Bartholdy. Auch als Hörbuchsprecher machte sich Felix von Manteuffel einen Namen, so las er für den Hörverlag die „Harry Potter“-Bücher ein und verlieh Werken von Max Frisch bis Umberto Eco seine markante Stimme.

Felix von Manteuffel © Michelle Math

Ruthard Stäblein, geboren in Mellrichstadt. Studium der Romanistik, Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Berlin, Tübingen, Toulouse und an der Sorbonne in Paris. Danach als Assistent, Lektor und Dozent in Paris und Nancy: Mitglied in der Forschungsgruppe „Culture de Weimar“ an der Pariser „Maison des Sciences de l'Homme“. Publikationen zur Wiener Moderne und zur „Dekadenz“ in verschiedenen Sammelbänden. Herausgeber von „Identitätskrise und Surrogatidentitäten. Zur Wiederkehr einer romantischen Konstellation“ (Campus-Verlag) sowie einer Reihe über Moral seit 1992 in fünf Bänden, erschienen bei Fischer und Insel. Seit 1988 Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks, Redakteur für Literatur. Dramaturgische Einrichtung von Hörbüchern wie „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil; „Atemschaukel“ von Herta Müller; Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Thomas Bernhard; „Schopenhauer in 100 Minuten“; „Autobiographische Schriften“ von Thomas Bernhard; „Freiheit“ von Jonathan Franzen; „Der Traum des Kelten“ von Mario Vargas Llosa; „Die sterblich Verliebten“ von Javier Marias, „Nietzsche in 100 Minuten“ u.v.a.

Die Briefzusammenstellung erfolgte mit freundlicher Genehmigung von Heinz Bachmann sowie von der Erbengemeinschaft Hans Magnus Enzensberger.

Gesamtleitung: Frankfurter Bürgerstiftung
Förderer: Dr. Marschner Stiftung

Logo Dr. Marschner Stiftung