Salon kontrovers: Briefe – schreiben und lesen
- Mittwoch, 7. Mai 2025 – 19.30 Uhr
Holzhausenschlösschen
Justinianstraße 5
60322 Frankfurt am Main
Kooperationsveranstaltung mit dem S. Fischer Verlag zum 150. Geburtstag und 70. Todestag von Thomas Mann im Jahr 2025
Eintritt € 14,- (Parkett, Reihe 1-5) / € 10,- (Parkett, Reihe 6 und Fensterbänke) / € 5,- (Empore, eingeschränkte Sicht)
Darüber hinaus werden wir über die Mediathek unserer Website am Veranstaltungstag einen Livestream der Veranstaltung anbieten.
Es lesen Peter Schröder und Birgitta Assheuer
Konzeption und Einführung: Ruthard Stäblein
Zur Veranstaltung
Den Briefwechsel von Thomas Mann kann man nur im Zusammenhang einer „Familienaufstellung“ verstehen. Insbesondere den Austausch von Briefen mit seiner ältesten Tochter Erika Mann.
Wie aber ist diese Familie entstanden? Thomas Mann, 1875 in Lübeck geboren, veröffentlicht 1901 den Familienroman „Buddenbrooks“. Trotz des Erfolgs fühlt er sich einsam und wie sein Held der gleichnamigen Novelle, Tonio Kröger, „sterbensmüde, das Menschliche darzustellen, ohne am Menschlichen teilzuhaben.“ Er fühlt sich wie Tonio Kröger in einem Zwiespalt: „ein Bürger, der sich in Kunst verirrt, ein Bohemien mit Heimweh nach der guten Kinderstube“. Aus diesem Zwiespalt sucht er sich zu lösen, indem er selbst eine Familie gründet, die ihm den Halt gibt, um weiter zu schreiben. Sein Dilemma: Er muss seine heimliche Sehnsucht nach jungen Männern still halten, den „Urkram“, diese verhasste „Geschlechtlichkeit“ sublimieren, kultivieren, so gut es geht. Und kann so weiter schreiben. Also umwirbt er Katia Pringsheim, die aus einer vornehmen, bürgerlichen, reichen, deutsch-jüdischen Münchner Familie stammt. Er heiratet die 21-Jährige, die lieber weiter Mathematik studieren und Tennis spielen würde. Schon 9 Monate nach der Hochzeitsreise, wird die Älteste geboren, Erika. 1906, ein weiteres Jahr darauf, dann Klaus. Es folgen Golo, Monika, Elisabeth und Michael.
Thomas Mann schreibt 1919 den ersten Brief und 1954 einen seiner letzten Briefe an seine älteste Tochter Erika. Familie Mann redet sich in der Kindersprache an: Mielein, das ist Mutter Katia, Pielein, der Herr Papa. Ofei, der Opa. Sowie Eri, das ist Erika. Vater und Tochter ergänzen und helfen einander, auch wenn es zwischendurch zu einem Zwist kommt. Der Vater bezahlt die Schulden einer aufwändigen USA-Reise. Die Tochter ist erzürnt, weil der Vater fast drei Jahre braucht, bis er sich klar und öffentlich gegen die Nazis wendet. Im Exil in den USA hilft die Tochter dem Vater im Englischen auf. Sie hält – wie der Vater – Reden gegen die barbarischen Nazis – auf demselben Kanal – in der BBC.
Wie der Vater verbirgt Erika ihre homosexuellen Neigungen hinter einer Scheinehe. Das sogar zweimal. Aber völlig entgegengesetzt zum Vater lebt sie ihre lesbischen Liebesbeziehungen aus.
Wegen der antikommunistischen Hetze in der McCarthy-Ära kehrt Erika mit dem Vater 1952 in die Schweiz – und nicht in das ihnen suspekte Nachkriegsdeutschland -zurück. Und sie liegt am letzten Wohnort der Beiden rechts neben dem Vater auf dem Kilchberger Friedhof begraben.
Trotz Zwist vereint.
Ruthard Stäblein
Die Mitwirkenden
In Berlin geboren und aufgewachsen, absolvierte Peter Schröder seine Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Ab 1982 hatte er Engagements in Bremen, Lübeck, Kassel, Hamburg, Berlin, am Theater an der Ruhr und bis 2011 am Theater Basel. Er arbeitete u.a. mit Werner Schroeter, Elias Perrig und Roberto Ciulli zusammen und, seit seinem Engagement am Schauspiel Frankfurt ab 2011, mit Michael Thalheimer, Kay Voges, Oliver Reese, Andrea Breth, Jan Bosse, Andreas Kriegenburg, David Bösch, Roger Vontobel, Anselm Weber und Mateja Koleznik. In Frankfurt war er auch in seinen Soloabenden „Die Legende vom heiligen Trinker“, „Lenz“ und „Abschied von den Eltern“ von Peter Weiss zu sehen.
Birgitta Assheuer war schon immer fasziniert von Musik und Wort. Nach dem Staatsexamen in Germanistik und Musik sowie einem Intermezzo als Buchhändlerin ließ sie sich zur Sprecherin beim Hessischen Rundfunk ausbilden. Seit gut 30 Jahren zieht sie ihre lyrischen und musikalischen Kreise als Rezitatorin und Sprecherin. Seit 2018 ist sie auch Lehrbeauftragte für Sprechtraining an der Johannes Gutenberg Universität Mainz.
Ruthard Stäblein, geboren in Mellrichstadt. Studium der Romanistik, Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Berlin, Tübingen, Toulouse und an der Sorbonne in Paris. Danach als Assistent, Lektor und Dozent in Paris und Nancy: Mitglied in der Forschungsgruppe „Culture de Weimar“ an der Pariser „Maison des Sciences de l'Homme“. Publikationen zur Wiener Moderne und zur „Dekadenz“ in verschiedenen Sammelbänden. Herausgeber von „Identitätskrise und Surrogatidentitäten. Zur Wiederkehr einer romantischen Konstellation“ (Campus-Verlag) sowie einer Reihe über Moral seit 1992 in fünf Bänden, erschienen bei Fischer und Insel. Seit 1988 Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks, Redakteur für Literatur. Dramaturgische Einrichtung von Hörbüchern wie „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil; „Atemschaukel“ von Herta Müller; Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Thomas Bernhard; „Schopenhauer in 100 Minuten“; „Autobiographische Schriften“ von Thomas Bernhard; „Freiheit“ von Jonathan Franzen; „Der Traum des Kelten“ von Mario Vargas Llosa; „Die sterblich Verliebten“ von Javier Marias, „Nietzsche in 100 Minuten“ u.v.a.
Gesamtleitung: Frankfurter Bürgerstiftung
Hauptförderer: Dr. Marschner Stiftung
Förderer: Freundes- und Förderkreis der Frankfurter Bürgerstiftung
Kooperationspartner: S. Fischer Verlag